Abschlussbericht aus dem Kreistag (11/24)

Dieter Balle

Gleichzeitig mit der EU-Wahl fand am 9.06.24 die Kommunalwahl BW statt, die für die Linke in Sachen EP ein niederschmetterndes Ergebnis von 2,7% brachte, während der andere Teil der Spaltung, das BSW, auf 6,2% kam. Im kommunalen Raum Mittelbaden konnten wir zumindest einen Achtungserfolg verbuchen. Der Sitz im Kreistag Rastatt bleibt uns erhalten und wird zukünftig von Daniel aus Muggensturm wahrgenommen. In Baden-Baden konnte darüber hinaus Beate einen Sitz im Gemeinderat gewinnen.

Die inhaltliche Arbeit im Kreistag war in den letzten beiden Jahren von der Auseinandersetzung um das von KMB und Landkreis-Spitzen anvisierte Zentralklinikum geprägt. Wir Linke haben uns von Anfang an für die Beibehaltung der wohnortnahen Gesundheitsversorgung und den Weiterbetrieb der drei noch bestehenden Kliniken in Balg, Rastatt und Bühl stark gemacht. Leider waren wir mit der Position im Kreistag ziemlich allein auf weiter Flur. Alle im KT vertretenden Fraktionen haben sich, von wenigen einzelnen Ausnahmen abgesehen, für die zentrale Krankenhausfabrik entschieden. Aufgrund der völlig unzureichenden Krankenhausfinanzierung macht das KMB  momentan hohe Verluste und steht kurz vor der Pleite. Aber das wäre auch im Zentralklinikum der Fall, wenn Land und Bund nicht die KH-Finanzierung auf gesunde Füße stellen. In dieser Situation einen Zentralbau zu planen, der nahezu 700 Mio € (reell sicher mehr als eine Milliarde) kosten soll, ist Harakiri.

Auf LK-Seite ist die Sache klar, aber in Baden-Baden kann man noch Hoffnung haben in die endgültige GR-Abstimmung am 25.11.24. Darüber hinaus läuft eine Unterschriftensammlung für ein Bürgerbegehren zu Erhalt der Balger Klinik und den Stopp der Planung am Rastatter Münchfeldsee.

Ein weiteres wichtiges Thema,das mich die letzten 5 Jahre begleitet hat, war die Auseinandersetzung um die Kreismülldeponie in GG-Oberweier. 2020 legte die Kreisverwaltung Pläne vor, die ungesicherten Altdeponien, Übergangsdeponien genannt, als DK I Deponie mit PFC-belastetem Bauaushub zu „überplanen“, was prompt die Gründung einer Bürgerinitiative für die Stilllegung zur Folge hatte. Aufgrund des einhelligen Widerstands vor Ort waren die Pläne bald vom Tisch. Der Kreistag hatte sich abwartend bis skeptisch gezeigt und wir hatten von Anfang an die BI unterstützt. Seither geht es nur um die Sanierung bzw. endgültige Stilllegung. In diesem Zusammenhang ist mir sogar ein Abstimmungssieg im Abfallwirtschaftsausschuss gelungen, da SPD, Grüne und FW nicht umhin konnten, meinem Antrag zuzustimmen, die BI an der Kommission zur Untersuchung der Deponie zu beteiligen. So gelang es, einen absoluten Fachmann in die Entscheidungen einzubinden (Herr Huppert), der im Weiteren dafür sorgte, dass die Untersuchungen zielführend verliefen. Der letzte Untersuchungsbericht steht noch aus. Zumindest dafür, dass die hoch mit PFAS verseuchten Sickerwässer sicher extern entsorgt werden, ist mittlerweile gesorgt. Aufgrund der riesigen Menge von 328.000 t PFAS-verseuchter Papierschlämme, die in Oberweier abgekippt wurden, kann jedoch von der Deponie noch auf lange Zeit eine Gefährdung von Mensch und Umwelt ausgehen, auch nach der hoffentlich bald vollzogenen Stilllegung.

Unsere Region MiBa ist v.a. deshalb zum PFAS-Hotspot geworden, weil die Murgtäler Papierfabriken ihre Papierschlämme über die Fa. Kompost-Vogel als verseuchten Kompost jahrelang in ganz Mittelbaden verteilt haben, nachdem sie ab der 2000er Jahre nicht mehr auf die Deponie gebracht werden durften. PFAS wird uns in MiBa auch weiter beschäftigen, zumal man auch auf Kreisebene offenbar nicht einmal gewillt ist, die Gesundheitsgefahren durch PFAS wirklich ernst zu nehmen.  

Mit den horrenden Nachsorgekosten auf der Deponie Oberweier hängen auch die drastisch gestiegenen Müllgebühren zusammen. Letztes Jahr wurden die Leerungsgebühren für die Restmülltonne im LK um ca. 35 % erhöht, dieses Jahr sind die Grundgebühern mit der selben Erhöhung dran, jährlich also eine Erhöhung um über 17%. Mit meiner Haltung, dass eine solche Erhöhung sozial unausgewogen und angesichts drastischer Belastungen der Haushalte mit Inflation, hohen Energeipreisen etc. nicht verantwortbar wäre, stand ich im Ausschuss jedoch ziemlich allein.

Demokratischer Diskurs wird im Kreistag nicht all zu groß geschrieben.In den allermeisten Fällen werden die Beschlussvorlagen zwischen Landrat und Fraktionsvorsitzenden vorher abgesprochen, sodass im Plenum eine wirkliche inhaltliche Debatte eine Seltenheit ist. Am ehesten kommt das noch in den Ausschüssen vor.

Infolge der Auseinandersetzung um eine Zählgemeinschaft mit den Grünen am Anfang meiner Mandatszeit kam ich zufälligerweise in den „Genuss“, gleich in zwei Ausschüssen präsent zu sein: dem Sozialausschuss und dem Abfallwirtschaftausschuss.  

Mein Nachfolger Daniel ist nun aufgrund der Sitzvergabe in den Ausschüssen leer ausgegangen, da man als Einzelner zu wenig Stimmengewicht auf die Waage bringt. Er kann jedoch ohne Stimm- und Rederecht bei allen Ausschusssitzungen anwesend sein. 

Die Verkehrspolitik, aus unserer Sicht speziell der Ausbau des ÖPNV, war und ist ein zentrales Thema für die Landkreispolitik. Hier hat der LK mit der Einrichtung der grenzüberschreitenden Buslinie 231 und der Einrichtung der Regiobuslinie X44 von Bühl nach Bad Herrenalb Fortschritte erzielt. Allerdings ist beim schienengebundenen Verkehr lediglich der zweigleisige Ausbau der Murgtalbahn in Planung. Zusätzliche S-Bahn HS in Bühl-Bußmatten und Ottersweier sind aus Kostengründen wieder von der Agenda verschwunden.

Leider wurde auch der mit großem Einsatz des Linken-OV Durmersheim angestrebten Verlängerung der Stadtbahn S2 von Rh-Mörsch nach Durmersheim im Bürgerentscheid eine Absage erteilt, nachdem alle anderen Parteien (außer einem Teil der SPD) eine Angst- und Panikkampagne gegen das Projekt gefahren hatten.

Demgegenüber fanden und finden sich auch im Kreistag immer klare Mehrheiten für Straßenbauprojekte, die Grünen dürfen sich dann über den Ausbau des Radwegenetzes freuen.

In Zukunft wird es noch wesentlich schwerer sein, im Kreistag für den sozial-ökologischen und klimagerechten Umbau zu streiten. Die CDU  mit nunmehr 21 Sitzen (vorher 18) ist einmal mehr stärkste Fraktion, weit vor der FW mit 12 Sitzen (13) und der SPD mit 11 Mandaten (10). Die AFD hat ihre Sitzzahl von 5 auf 10 glatt verdoppelt, während die Grünen 3 Mandate verloren und noch bei 7 Kreisrät*innen angelangt sind.   

Die rechten Parteien CDU,AFD und FDP haben auch ohne FW eine Mehrheit im Kreistag, was allen sozial-ökologischen Initiativen einen Riegel vorschieben dürfte. Trotzdem muss es für uns Linke darum gehen, klare Oppositionspolitik zu betreiben und Alternativen zum neoliberalen Weiter-so zu formulieren.

Dazu wird eine gute Zusammenarbeit von unseren zwei Abgeordneten (Daniel im Kreistag und Beate im GR BAD) mit dem KV und der aktiven Basis nötig sein, um unsere politische Wirksamkeit zu steigern. Als Einzelkämpfer*in sind die Chancen marginal. 

Wünschenswert wäre auch eine zumindest punktuelle Zusammenarbeit mit NGOs, z.B. in der Bekämpfung der Wohnungsmisere oder im Sozialbereich, was in meiner Mandatszeit nur in Ansätzen in der Zusammenarbeit mit der Deponie -BI Oberweier gelang.